goddamn this noise inside my head
Woher auch!

 
Was sollte das wieder? Die Sache war im Grunde nur einmal vorgekommen.
Und das war schon Jahre her. Im letzten Leben. Es war irgendwie unerfreulich gewesen, das schon - und so was bleibt ja länger haften als alles andere. Aber wieso gerade jetzt? Wahrscheinlich ein Art Vorahnung.
Damals war es O. zuerst gar nicht so aufgefallen, erst, als er von einer Danebenstehenden angesprochen wurde, merkte er es. In dem Moment war es ihm aber egal. Erstens ging es um was und zweitens schätzte er seine Chancen auf "ganz gut". Ein Trugschluss, wie sich hinterher herausstellen sollte. Aber nicht weiter schlimm, wie sich auch später herausstellen sollte. (Diese stinkenden Frettchen und auch sonst war sie eher "so mittel".) Drittens war keiner da, der diese doch etwas peinliche Sache mitansehen musste und ihn kannte.
Ok, aber das war im letzten Jahrtausend und schon kurz danach hatte O. den Entschluss gefasst, dass er so was nicht noch mal brauchen würde. Und daran hatte er sich auch gehalten. Vielleicht waren aber auch einfach die Gelegenheiten ausgeblieben. Was das möglich?
Wahrscheinlich. Aber warum erinnerte es sich gerade jetzt daran - bzw. wurde daran erinnert. "Hallo, ich bin dein Unterbewusstsein! Ich habe da mal einen kleinen Rat ...!" Dabei kann man kaum von aktiver Handlung sprechen. Aber da war sie nun, diese Warnung.
O. hatte den Verdacht, dass es wahrscheinlich damit zusammen hängen würde, dass er sich schon wieder Hoffnungen machte. Unberechtigte, das war schon irgendwie klar, aber sie waren doch da. Da ganz hinten im Kopf, da hüpften und winkten sie, so doll, dass man sie noch ganz vorne sehen konnte. Arme Wichte, die am ganz anderen Ende der Schlange zum Tor der Erfüllung standen und doch gerne weiter vorne wären, da wo man auch mal dran kommt. Trotzdem hatte O. sie immer wieder gefüttert, damit sie nicht irgendwann resignierten und lieber schwimmen gingen anstatt auf Einlass ins Erfüllungstor zu warten. Er hatte Vorbereitung getroffen und Sachen eingepackt, die er - objektiv betrachtet - eh nicht brauchen würde (aber es könnte ja doch sein, dass ...) und sich Dinge in Bonbonfarben ausgemalt, die ohnehin nicht eintreten würden. Alles für die armen Wichte.
Das mit den Vorbereitungen war auch so eine zweischneidige Sache.
Einerseits hätte er dazu schon Lust (erhebliche sogar). Andererseits war im auch klar, dass er dazu eigentlich überhaupt nicht der Typ war und das lieber zugunsten besserer Zukunftsaussichten auf später verschieben würde, würde sich die Möglichkeit bieten (was aber ja eh nicht eintreten würde). Man müsste ja nicht jeden Quatsch immer gleich mitmachen. Und so saß O. dann meist auf dem Trockenen.

Und dann kam es doch ganz anders.

Das erschreckende war, dass es O. während des ganzen Abend gar nicht aufgefallen war. Und wenn doch, hatte er es erfolgreich verdrängt. Es war einfach zu interessant gewesen. Und außerdem wieder die verheerende Einschätzung der Chancen - nämlich als: gut. Von Seiten P.s war doch nichts zu befürchten. Nun wirklich nicht. Oder doch? Das das von seiner Seite anders ablief, musste doch nicht bedeuten, dass es für P. schlechter lief. Während der "Aktion" musste das verdrängt werden. "Der Glaube an den Erfolg ist unabdingbare Voraussetzung für denselben." (Wo hatte O. das nur wieder her?) Es lief also sehr zufriedenstellend. Vorstöße wurden unternommen und erfolgreich abgeschlossen, andere verendeten eher geräuschlos, was immerhin besser war als herbe Rückschläge. Immerhin hatte es auch ordentlich Spaß gemacht. Und auch wenn es nichts werden sollte, war es doch ein hervorragender Abend gewesen.
Schon am nächsten Morgen krachten die beiden Welten aufeinander, als die Vorahnung wieder von sich hören ließ: "Ja, ja, ich hab's doch gesagt! Aber Du! Du hörst ja nicht auf mich! Nicht nur mich hast Du gestern vollkommen ignoriert, auch sie hier, die Dir immer sagt, dass Du DA ja auch keinen Bock mehr darauf hättest! Aber nein, Monsieur macht wieder was er will, weil die Hormone bis in den Kragenspiegel stehen. Und nun ist das seelische Unheil wieder angerichtet und wir werden uns wieder das mitleidige Gejammer anhören müssen ..." "Ach, hör doch auf!" beschwichtigt O. sich selbst, die Vorahnung und die Befürchtung. "Dies mal ist alles anders. Und es lohnt sich auch wirklich. Ihr werdet sehen!"

Die Vorahnung und die Befürchtung ziehen die Augenbrauen hoch (als ob sie das alles nicht schon mal gehört hätten...), während die armen Wichte aus der letzten Reihe jubeln, hüpfen und winken.

Wir bleiben dran.


[aus der Reihe "Kryptik heute"]
 
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